Was machen zwei passionierte Karpfenangler wenn sie 4 Tage Zeit haben und eine gemeinsame Session planen? Richtig, sie fahren an das berühmteste Karpfenangelgewässer der Welt. Was aus einem Hirngespinnst bei einem gemeinsamen Ansitz entstand, wurde für uns diesen Oktober Realität.
Die begrenzte Zeit, der weite Anfahrtsweg und das bestehende Nachtangelverbot machten das Unterfangen nicht gerade einfacher. Nichtsdestotrotz waren wir hochmotiviert und fuhren die Nacht durch, um schnellstmöglich angeln zu können.
Nachdem ein paar Missverständnisse mit unserer Reservierung geklärt waren, konnten wir mit fast 10 Stunden Verspätung und einer ungemütlichen Nacht im Auto endlich unser Bivy auf dem Zeltplatz aufstellen. Der Camping du Lac liegt in unmittelbarer Nähe zum Cassien und hat das ganze Jahr geöffnet.
Der erste Blick auf den Cassien imTageslicht war ein wenig erschreckend. Der Wasserstand lag ca. 5 Meter unter dem normalen Pegel. Sämtliche Spots am Ufer und einige Plateus lagen komplett trocken.

Dennoch ließen wir uns nicht entmutigen und montierten unsere Ruten. Wir wollten die wenigen Stunden bis Sonnenuntergang nutzen, um den stressigen Tag ausklingen zu lassen. Dem sollte allerdings nicht so sein. Ein heftiges Gewitter zog auf. Der Wind und Regen wurden so stark, dass an Fischen nicht mehr zu denken war. Komplett durchnässt wurde das gesamte Tackle wieder ins Auto verfrachtet und zum Zeltplatz gefahren. Dort wurden wir von einem überschwemmten Bivy überrascht. Der Trip konnte nur besser werden!

So klingelte am Donnerstag um 5 Uhr früh der Wecker und wir machten uns auf den Weg ans Wasser. Kevin-Alice-Point hieß unser Ziel am ersten Angeltag. Gerade als der letzte Köder abgelegt wurde, kam der erste Vollrun an einer ufernahen Rute. Wir konnten es kaum glauben, dass wir kurze Zeit später bereits den ersten Cassien Brocken mit 15,5 Kilo in den Händen halten durften.
Nach diesem Einstieg und den Strapazen des Vortages konnten wir erstmals die Sonne der Côte d‘ Azur genießen. Bei gefühlten 25 Grad Celsius und solch einer Kulisse schlägt das Herz jeden Karpfenanlgers höher. Die Ruhe hielt nicht lange an, bis sich erneut der Bissanzeiger der Uferrute meldete. Wir konnten einen weiteren wunderschönen Fisch landen.
Dieser Spot erwies sich als Volltreffer. Nach ca. zwei Stunden lief diese Rute erneut ab. Wir merkten sofort, dass es sich um einen guten Fisch handeln muss, nachdem wir uns bereits 15 Minuten im Drill befanden und der Fisch uns immer mehr in den Westarm drückte. Nach einigen kraftvollen Fluchten, konnte der Fisch erfolgreich gelandet werden. Wir fragten uns, ob es sich um einen 20+ handeln könnte. Das wäre natürlich die absolute Krönung des bisherigen Tages. Am Ufer angekommen, bestätigte sich unsere Vermutung, 20, 5 Kilo Spiegelkarpfen und neuer PB für Philip.
Die Dämmerung machte sich bereits bemerkbar, als Hofis Bissanzeiger einen Dauerton lieferte. Wieder eine ufernahe Rute. Die Karpfen im Lac de St. Cassien haben derartig Kraft, dass sich auch dieser Bootsdrill als spektakulär erwieß. Mehrmals riss er Schnur von der Rolle bis er sicher gekeschert werden konnte. Ein traumhafter Schuppenkarpfen mit 15,5 Kilo.
Die beiden weiteren Angeltage verbrachten wir im Nord- und Südarm des heiligen Sees. Obwohl wir in den nächsten Tagen keine Fische mehr fangen konnten erlebten wir zwei entspannte Sonnentage in Südfrankreich und konnten uns einen ersten Überblick über unzählige Möglichkeiten an diesem Gewässer machen.
Wer am Lac de Saint Cassien angeln will hat es nicht leicht. Auf Grund des bestehenden Nachtangelverbotes und eines Campingverbotes am See werden die Karten jeden Tag neu gemischt. Auch das immer wiederkehrende Auf- und Abbauen geht auf Dauer an die Substanz. Doch die bestehenden Regeln haben sich die Angler selbst zuzuschreiben und werden sicherlich auch in Zukunft bestehen bleiben.
Doch wer sich an die Regeln hält, kann an einem wahnsinnig schönen Gewässer einen traumhaften Angeltrip erleben. Wir werden sicherlich nicht das letzte mal am heiligen See geangelt haben.